Der aktuelle Rechtsfall
Die clevere Erbausschlagung

Der Erblasser hinterließ als gesetzliche Erben zwei Kinder. Eines davon, ein vermögensloser Sozialhilfeempfänger, schlug seinen Erbteil form- und fristgerecht aus. Das Nachlassgericht wies danach den Erbscheinantrag seiner Schwester aber mit der Begründung zurück, die Ausschlagung sei wegen Verstoßes gegen § 138 BGB (sittenwidriges Geschäft) nichtig.

Die Geschwister wollen verhindern, dass das Erbteil des Bruders vom Sozialamt vereinnahmt wird. So würde die Schwester das ganze Erbe erhalten, und könnte dem Bruder etwas zukommen lassen?.

Die Frage, ob das Nachlassgericht hier richtig gehandelt hat, ist juristisch noch äußerst strittig, denn der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Frage noch nicht geklärt. Das LG Aachen gab den Geschwistern mit folgender Begründung Recht:

Der Sozialhilfeempfänger hat ein Recht, das Erbe auszuschlagen. Sittenwidrigkeit liegt nicht vor, wenn ein Rechtsgeschäft mit den Maßstäben und Prinzipien

der Rechtsordnung im Einklang steht. Dies ist vorliegend der Fall. Bei der Ausschlagung handelt es sich um ein höchstpersönliches Recht, über das der Erbe selbst entscheidet. Den Erben treffen keine Verpflichtungen, ein Erbe anzunehmen, damit Dritte auf das Erbe zugreifen können.

Das OLG Stuttgart hat dagegen im vergleichbaren Fall die Sittenwidrigkeit der Ausschlagung bejaht und dies damit begründet, dass ein Unterhaltsverzicht, der zur Sozialhilfebedürftigkeit führe, ebenso sittenwidrig sei.

Solange kein anders lautendes Urteil des BGH vorliegt, sollten Erben in solchen Fällen versuchen, die rechtsgestaltenden Möglichkeiten des Erbrechts zu nutzen (LG Aachen, Urt. v. 4.11.2004, Az: 7 T 99/04).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Dr. Volker Mayer, Fulda

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